ADHS im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter - S3 Patientenleitlinien

Liebe Community, wir arbeiten gerade an einer neuen ADHS & Autismus - Adressverzeichnis, welche ihr bereits ausführlich Testen könnt, es gibt viele neue Funktionen wie z.b. Bewertungen, Umkreissuche, nach Eigenschaften Filtern, Google Maps u.v.m.. Die ALTE ADRESSLISTE (Archive) wird nicht mehr gepflegt, auch können dort keine neuen Adressen eingetragen werden. Die Daten aus der alten Adressliste werde Schrittweise in die neue Adresseliste eingepfegt, dies ist sehr Zeitaufwändig.

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    • Offizieller Beitrag

    „Aufmerksamkeitsdefizit- / Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“
    Anpassung der oben genannten Leitlinie für Patienten, Angehörige und Interessierte


    Klaus-Peter Grosse, Klaus Skrodzki unter Berücksichtigung der Korrekturvorschläge von ADHS-Deutschland e.V.,

    Sabina Millenet, Wolfgang Retz, Ulrich Kohns und Kirsten Stollhof


    Vorbemerkungen:
    Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit wird in der angepassten Leitlinie für Patienten nur die männliche Form verwendet. Es sind stets Personen aller Geschlechter gleichermaßen gemeint.


    Was ist eine Leitlinie für Patienten?

    Mit einer Leitlinie für Patienten sollen Inhalte einer von Fachleuten erstellten Leitlinie in eine allgemeinverständliche Sprache übertragen werden. Die Empfehlungen der
    Leitlinie für Patienten beruhen auf dem besten derzeit verfügbaren Wissen. Damit werden bei ihrer Erstellung die Qualitätsanforderungen an verlässliche Patienteninformationen berücksichtigt.


    Was ist die Grundlage für diese Leitlinie für Patienten?

    Grundlage dieser Leitlinie für Patienten ist die S3-Leitlinie „Aufmerksamkeitsdefizit- /Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“. S3 bedeutet, dass die Leitlinie nach den höchsten Ansprüchen
    erstellt wurde, die in Deutschland gelten. Neben allgemeinen Informationen über das Krankheitsbild ADHS enthält diese Leitlinie Handlungsempfehlungen für Ärzte, Psychotherapeuten und andere Berufsgruppen, die Patienten mit ADHS betreuen. Da sie für Fachleute geschrieben wurde, ist sie nicht für jeden verständlich. In der vorliegenden Leitlinie für Patienten übersetzen wir die Empfehlungen in eine allgemein verständliche Sprache. Dabei orientiert sich die Patientenleitlinie eng an der Leitlinie für Fachleute, gibt diese aber nicht in voller Ausführlichkeit und im Original-Wortlaut wieder.


    Die S3-Leitlinie wurde federführend entwickelt von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (DGKJP), der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie,
    Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) und der Deutschen Gesellschaft für Sozialpädiatrie und Jugendmedizin (DGSPJ). An der Leitlinie zu ADHS im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter waren viele Fachleute beteiligt: Kinderund Jugendärzte, Kinder- und Jugendpsychiater, Psychologen, Psychiater, Psychotherapeuten, Nervenärzte, Ergotherapeuten, Heilpädagogen, Motopäden sowie Patienten- und Angehörigenvertreter.
    Die Handlungsempfehlungen stützen sich auf das beste derzeit verfügbare medizinische Wissen. Dennoch ist eine Leitlinie keine Zwangsvorgabe. Jeder Mensch hat seine eigene Krankengeschichte und eigene Wünsche. In begründeten Fällen muss der Behandelnde sogar von den Empfehlungen einer Leitlinie abweichen.


    Die Leitlinie für Fachleute (Langfassung und Kurzfassung) ist im Internet frei zugänglich: www.awmf.org. Dort sind auch die Literaturstellen aufgelistet, auf denen Aussagen der dieser Leitlinie beruhen.


    Wer sind die Zielgruppen dieser Leitlinie für Patienten, Angehörige und Interessierte?
    • Von ADHS betroffene Menschen sowie deren Angehörige und andere Bezugspersonen;
    • interessierte Personen, die sich eingehender informieren möchten;
    • Selbsthilfeorganisationen;
    • Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Patienteninformations- und Beratungsstellen;
    • ärztliche Fachgruppen, Angehörige anderer Heil- und Gesundheitsberufe sowie Fachleute verschiedener Versorgungsstrukturen;
    • die Öffentlichkeit.


    Was sind die Ziele dieser Leitlinie für Patienten, Angehörige und Interessierte?
    • Die Zielgruppen sollen über die in der von Fachleuten erstellten Leitlinie empfohlene Versorgung und diesen Empfehlungen zugrunde liegenden Erkenntnisse in allgemeinverständlicher Sprache informiert werden.
    • Der Prozess der gemeinsamen Entscheidungsfindung in der Betreuer-Patient-Beziehung soll gefördert werden.
    • Die aktive Beteiligung der Betroffenen am Behandlungsprozess soll gefördert werden.
    • Die Zusammenarbeit aller an der Behandlung beteiligten medizinischen Berufsgruppen soll dargestellt werden.
    • Der Austausch mit anderen Betroffenen soll gefördert werden.
    • Auf weitergehende Informationsmöglichkeiten soll hingewiesen werden.


    Wie werden die Empfehlungen in der Leitlinie bewertet?
    Die Empfehlungen einer Leitlinie beruhen soweit wie möglich auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Manche dieser Erkenntnisse sind eindeutig und durch aussagekräftige Studien abgesichert, haben damit eine „hohe Evidenzstärke“. Andere wurden in Studien beobachtet, von denen anzunehmen ist, dass sie zuverlässige Ergebnisse liefern. Sie haben damit eine „moderate Evidenzstärke“.
    Manchmal gibt es in unterschiedlichen Studien auch widersprüchliche Ergebnisse, die haben dann eine „schwache / sehr schwache Evidenzstärke“.
    Alle Daten werden einer kritischen Wertung durch eine Expertengruppe unterzogen. Berücksichtigt wird dabei auch, wie bedeutsam ein Ergebnis aus Sicht der Betroffenen ist. Das Resultat dieser gemeinsamen Abwägung spiegelt sich in den Empfehlungen der Leitlinie wider: Je nach Datenlage und Einschätzung der Leitliniengruppe gibt es unterschiedlich starke Empfehlungen. Das wird auch in der Sprache ausgedrückt:


    • „soll“ (starke Empfehlung): Nutzen und/oder Risiko sind eindeutig belegt und sehr bedeutsam, die Ergebnisse stammen aus sehr gut durchgeführten Studien („Evidenzstärke hoch“);
    • „sollte“ (Empfehlung): Nutzen und/oder Risiko sind belegt und bedeutsam, die Ergebnisse stammen aus gut durchgeführten Studien („Evidenzstärke moderat“);
    • „kann“ (Empfehlung offen): Die Ergebnisse stammen entweder aus weniger hochwertigen Studien, oder die Ergebnisse aus zuverlässigen Studien sind nicht eindeutig („Evidenzstärke schwach / sehr schwach“), oder der
    belegte Nutzen ist nicht sehr bedeutsam. Manche Fragen sind für die Versorgung wichtig, wurden aber nicht in Studien untersucht. In solchen Fällen kann die Expertengruppe aufgrund ihrer eigenen Erfahrung gemeinsam ein bestimmtes Vorgehen empfehlen, das sich in der Praxis als hilfreich erwiesen hat. Das nennt man einen „Expertenkonsens“.


    In dieser Leitlinie wurde diese Benennung für den Empfehlungsgrad übernommen. Wenn dort steht, Ihr Arzt oder Ihr Psychotherapeut soll, sollte oder kann so oder so vorgehen, dann wird damit der Empfehlungsgrad der Leitlinie wiedergegeben. Wenn die Empfehlung nicht auf Studiendaten, sondern auf Expertenmeinung beruht, wird dies mit „Expertenkonsens“ beschrieben.


    Allgemein zu ADHS


    Was ist ADHS?
    ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung) ist eine in der Kindheit beginnende Entwicklungsstörung mit den Kernsymptomen Unaufmerksamkeit, Impulsivität und/oder motorische Unruhe. Diese Symptome müssen mindestens 6 Monate anhalten, in verschiedenen Lebensbereichen auftreten und mit einer zumindest mäßigen Beeinträchtigung im sozialen- und Leistungsbereich einhergehen. Die Symptome und die mit ihr verbundenen Funktionseinschränkungen bleiben in vielen Fällen bis ins Erwachsenenalter bestehen.


    • Wie verändert sich die Ausprägung der Kernsymptome mit dem Alter?
    • Die Kernsymptome der ADHS sind in den verschiedenen Altersstufen unterschiedlich ausgeprägt.
    • Im Vorschulalter steht meist die starke Bewegungsunruhe
      und Hyperaktivität im Vordergrund. Auch im Schulalter
      wird ein Kind mit ADHS zu einem großen Teil in Situationen auffallen, in welchen von ihm erwartet wird, ruhig
      sitzen zu bleiben. Ab dem Jugendalter zeigt sich die Hyperaktivität oftmals nicht mehr in gesteigerter körperlicher
      Aktivität, sondern vielmehr in Form von innerer Unruhe
      oder Fahrigkeit. Diese innere Form der Unruhe bleibt auch
      im Erwachsenenalter noch bestehen.
      Auch das Symptom der Unaufmerksamkeit verändert sich
      im Lauf der Entwicklung. Die Störung der Aufmerksamkeit ist besonders im Schulalter offensichtlich, zumal die
      kontinuierliche konzentrierte Mitarbeit eine wesentliche
      Anforderung an Schulkinder darstellt und eine Störung der
      Konzentration im Unterricht direkt beobachtbar und feststellbar ist. Mit zunehmendem Alter erhöht sich entwicklungsbedingt die Aufmerksamkeitsspanne, doch bleibt sie


    im Vergleich mit Gleichaltrigen ohne ADHS häufig reduziert, was auch im Erwachsenenalter den Alltag Betroffener
    noch erheblich einschränken kann.
    Auch die Impulsivität geht üblicherweise mit zunehmendem Alter zurück, bringt aber auch längerfristig erhebliche
    Funktionseinschränkungen im Alltag mit sich.
    Angesichts der entwicklungsabhängigen Abnahme ADHStypischer Symptome nimmt die Häufigkeit von ADHS
    vom Kindes- und Jugendalter bis ins Erwachsenenalter hin
    ab. Etwa 50 bis 80% der im Kindesalter Betroffenen weisen
    auch als Erwachsene noch ADHS-Symptome auf. Ein Drittel zeigt sogar noch das Vollbild der Störung.


    Wie häufig ist ADHS?
    Bei Kindern und Jugendlichen wurde ADHS in 5,3% bei
    Untersuchungen an größeren Bevölkerungsgruppen gefunden, wobei international keine wesentlichen Unterschiede
    bestehen. In Deutschland ist nach Elternberichten eine
    Diagnosehäufigkeit von etwa 5% anzunehmen. Im Erwachsenenalter wurde eine Häufigkeit von 2,5% festgestellt.
    Welche Risiken können mit ADHS einhergehen?
    ADHS ist mit funktionellen Beeinträchtigungen verbunden, die häufig zu Problemen im Bereich von Schule, Ausbildung und Beruf und zu sozialen Schwierigkeiten in der
    Familie, im Kontakt mit Gleichaltrigen und Beziehungspartnern führen.
    Längsschnittstudien haben gezeigt, dass von ADHS betroffene Erwachsene einen niedrigeren Ausbildungsstand
    erreichen, ein geringeres Einkommen und eine geringere
    berufliche Stellung haben, ein erhöhtes Risikoverhalten
    zeigen, häufiger in Verkehrsunfälle verwickelt sind und
    häufiger Gesetzesübertretungen begehen.
    Welche Ursachen hat ADHS?
    Die Ursachen von ADHS sind verschiedenartig und bisher
    noch nicht vollständig geklärt.
    Sicher ist, dass dabei viele sich gegenseitig beeinflussende
    Faktoren beteiligt sind. Eine entscheidende Rolle spielen
    dabei erbliche Veranlagungen und Umwelteinflüsse in der
    Zeit vor, während und kurz nach der Geburt, die die Entwicklung von Aufbau und Funktion des Gehirns beeinflussen.
    Was ist über die erbliche Veranlagung für ADHS bekannt?
    ADHS tritt in Familien gehäuft auf. Bei Geschwistern oder
    Eltern erkrankter Kinder liegt die Wahrscheinlichkeit zwischen 10 und 35%, ebenfalls an ADHS erkrankt zu sein.


    Bei Personen, die von ADHS betroffen sind, kommen bestimmte Erbanlagen häufiger vor als in der sonstigen Bevölkerung. Jede einzelne dieser Erbanlagen erhöht das Krankheitsrisiko für ADHS allerdings nur in geringem Maß. Erst
    in ihrer Kombination und in Wechselwirkung mit Umweltfaktoren tragen sie zur Entstehung einer ADHS bei.
    Was ist über die Bedeutung von Umwelteinflüssen bei
    der Entstehung von ADHS bekannt?
    Kinder von Raucherinnen haben ein zwei- bis vierfach erhöhtes Risiko, eine ADHS zu entwickeln. Unklar ist allerdings, ob dabei das Nikotin in der Schwangerschaft oder
    andere mit dem Rauchen verbundene Risikofaktoren wie
    etwa eine ADHS bei der Mutter eine ursächliche Rolle gespielt hat. Bei weiteren Umweltgiften besteht der Verdacht,
    an der Entstehung von ADHS beteiligt zu sein, so zum Beispiel für PCB (polychloriertes Biphenylen), wenn Mütter
    in der Schwangerschaft einer erhöhten Belastung mit PCB
    ausgesetzt waren, oder für Blei, für das erhöhte Werte im
    Blut von Kindern mit ADHS gefunden wurden. Die ursächliche Bedeutung dieser Umweltgifte ist aber noch ungeklärt.
    Auch Frühgeburtlichkeit wird als Risikofaktor diskutiert,
    da ADHS bei Frühgeborenen häufiger ist als bei Reifgeborenen.
    Ungünstige psychosoziale Bedingungen wie Armut, Vernachlässigung, psychische Erkrankungen der Eltern sind
    bei Kindern mit ADHS häufiger.
    Wie wirken Erbanlagen und Umwelteinflüsse zusammen?
    Ob und wie sich bestimmte Umwelteinflüsse bei einer Person auswirken, kann davon beeinflusst werden, welche Erbanlagen diese Person hat.
    Welche Besonderheiten des Gehirns gibt es bei ADHS?
    Im Vergleich zu einer Gruppe von gesunden Kindern haben Kinder mit ADHS ein etwas kleineres Gehirn. Stärker ausgeprägt ist diese Volumenminderung in verschiedenen Bereichen des Stirnhirns, im Nucleus caudatus2
    und im Kleinhirn. Sie ist umso stärker, je schwerer die
    ADHS-Symptomatik ist.
    Als funktionelle Besonderheiten zeigten Kinder mit ADHS
    eine geringere Hirnaktivität in Stirnhirnbereichen und veränderte Aktivierungsmuster im vorderen Hirnwindungsgürtel, im Stirnhirn und weiteren damit in Verbindung
    stehenden Hirn- und Kleinhirnstrukturen. Eine vermehrte
    Aktivierung zeigten hingegen Bereiche, die mit dem Sehen,
    2 Nucleus caudatus – Schweifkern, Teil der Basalganglien


    der räumlichen Wahrnehmung und Verarbeitung motorischer Reize verbunden sind. Das lässt darauf schließen,

    dass Kinder mit ADHS Reize anders verarbeiten als gesunde Kinder. Weitere Besonderheiten der Hirnströme konnten im Ruhe-EEG3

    und auch bei durch Reize hervorgerufenen EEG-Veränderungen gefunden werden.

    All diese Unterschiede ließen sich nur im Gruppenvergleich zwischen Kindern mit ADHS und gesunden Kindern zeigen. Sie sind nicht ausschließlich bei ADHS zu finden und nicht bei jedem Kind mit ADHS gleichermaßen.

    Auch ist noch unklar, inwieweit diese Besonderheiten des

    Gehirns Ursache oder Folge der Symptomatik sind.


    Empfehlungen
    DIAGNOSTIK
    Welche Kriterien müssen für die Diagnose ADHS erfüllt sein?
    Für die Diagnose ADHS müssen die Diagnosekriterien
    nach DSM4
    -5 oder ICD5
    -10 (das sind internationale Klassifikationssysteme für Krankheiten) erfüllt sein. Dazu muss
    unaufmerksames und impulsives Verhalten mit oder ohne
    deutliche Hyperaktivität ausgeprägt sein, nicht dem Alter
    und Entwicklungsstand entsprechen und zu mindestens
    mäßiger Beeinträchtigung in verschiedenen sozialen Bezugssystemen und im Leistungsbereich von Schule und
    Beruf führen. Diese Auffälligkeiten müssen durchgehend
    länger als 6 Monate bestehen und bereits im Kindesalter
    vorhanden gewesen sein.
    Die Symptome dürfen nicht besser durch andere körperliche oder psychische Störungen erklärt werden können


    Was sind die Unterschiede zwischen den Diagnosekriterien der Klassifikationssystemen DSM-5 und ICD-10?
    In der ICD-10 wird das Krankheitsbild als „Hyperkinetische Störung“ (HKS) bezeichnet. Dabei müssen alle drei
    Kernsymptome: Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Hyperaktivität vorhanden sein: „Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“. Wenn zusätzlich eine Störung des
    Sozialverhaltens vorliegt, lautet die Diagnose „Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“, Beginn vor dem Alter
    von 7 Jahren.
    Im DSM-5 wird das Krankheitsbild als „Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung“ bezeichnet (ADHS).

    3 EEG – Elektroenzephalogramm – Aufzeichnung der Hirnströme
    4 DSM – Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
    5 ICD – International Statistical Classification of Diseases and Related
    Health Problems


    DSM-5 unterscheidet drei Erscheinungsbilder einer
    ADHS: vorwiegend unaufmerksames, vorwiegend hyperaktiv-impulsives oder gemischtes Erscheinungsbild, je nachdem, welche der drei Kernsymptome besonders ausgeprägt
    vorhanden sind, Beginn vor dem Alter von 12 Jahren.
    Bei welchen Personen sollte eine ADHS-Diagnostik
    durchgeführt werden?
    Eine diagnostische Abklärung auf ADHS sollte veranlasst
    werden bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen, die
    folgende Auffälligkeiten aufweisen: Entwicklungsstörungen oder Lern- / Leistungsprobleme oder Verhaltensprobleme oder andere in Frage kommende psychische Störungen (siehe unten) und bei denen diese Probleme mit
    Hinweisen auf Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit
    und Konzentration oder auf erhöhte Unruhe oder Impulsivität kombiniert sind.


    Wer sollte eine ADHS-Diagnostik durchführen?
    Bei Kindern und Jugendlichen sollte dies durch einen
    Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oder einen psychologischen Psychotherapeuten mit
    Zusatzqualifikation für Kinder und Jugendliche oder einen
    Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin mit Erfahrung
    und Fachwissen in der Diagnostik von ADHS durchgeführt werden.
    Bei Erwachsenen sollte die diagnostische Abklärung
    durch einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
    Facharzt für Neurologie, Facharzt für psychosomatische
    Medizin oder durch ärztliche oder psychologische Psychotherapeuten vorgenommen werden.
    Wenn Hinweise auf zusätzliche psychische oder körperliche Störungen oder Erkrankungen bestehen oder andere
    psychische oder körperliche Störungen oder Erkrankungen
    als Ursache in Frage kommen, sollte dies abgeklärt werden.
    Wenn in der diagnostizierenden Praxis die Möglichkeiten
    zur Abklärung nicht ausreichen, sollte eine Überweisung
    an einen Spezialisten aus dem entsprechenden Fachgebiet
    veranlasst werden.
    Wenn die Diagnose durch einen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oder durch einen psychologischen
    Psychotherapeuten gestellt wird, sollte die immer erforderliche körperliche Untersuchung zusätzlich durch einen
    Arzt erfolgen.
    Welche diagnostischen Maßnahmen sollen routinemäßig eingesetzt werden?
    Grundlage für die Diagnose ADHS sollen sein:


    1. eine umfassende Befragung des Patienten und – v.a. bei
    Kindern und Jugendlichen – seiner Bezugspersonen (vor
    allem der Eltern, wenn möglich auch der Lehrer / Erzieher, einschließlich schriftlicher Berichte und Zeugnisse),
    die inhaltlich gegliedert folgende Themen umfassen soll:
    a) Wie ist die aktuelle ADHS-Symptomatik: Welche Symptome liegen vor? Wie häufig und wie stark ausgeprägt
    sind sie in verschiedenen Lebensbereichen (Familie,
    Schule, Freizeitbereich)? Welche Unterschiede in der
    Ausprägung gibt es in diesen Lebensbereichen (z.B. bei
    Hausaufgaben, bei Familienaktivitäten)?
    b) Wie schränken die ADHS-Symptome die Funktionsfähigkeit ein (z.B. in den Beziehungen, der Leistungsfähigkeit, der Teilhabe)?
    c) Welche psychischen Symptome oder Störungen oder
    körperliche Erkrankungen bestehen außerdem noch?
    d) Wie sind die aktuellen und wie waren die früheren Rahmenbedingungen? Welche Möglichkeiten zur Unterstützung und welche Belastungen gibt es in der Familie
    und in Kindergarten / Schule oder am Arbeitsplatz?
    Gibt es Probleme mit der psychischen und körperlichen
    Gesundheit der Bezugspersonen?
    e) Wie und wann haben sich erste Symptome der ADHS
    gezeigt und wie hat sich die Symptomatik dann weiter
    entwickelt? Welche Vorbehandlungen gab es im Zusammenhang damit?
    f) Welche Möglichkeiten zur Unterstützung, welche Wünsche und Bedürfnisse hat der Patient und seine Bezugspersonen?
    g) Welche Krankheiten sind in der Familie bekannt? Gibt
    es insbesondere Anhaltspunkte dafür, ob bei engen Familienangehörigen Anzeichen für eine ADHS bestehen?
    2. die Verhaltensbeobachtung des Patienten und – bei
    Kindern und Jugendlichen – wie Patient und Eltern
    in der Untersuchungssituation miteinander umgehen.
    ADHS Symptome müssen dabei nicht notwendigerweise auftreten;
    3. die körperliche Untersuchung und die Beurteilung des
    Entwicklungsstandes.
    Welche Bedeutung haben die Selbsteinschätzungen der
    Patienten für die Diagnostik?
    Der Bericht der Eltern und anderer Bezugspersonen ist im
    Kindesalter von entscheidender Bedeutung. Daneben sollte bei Kindern und Jugendlichen zur Beurteilung der klinischen Bedeutsamkeit und der Beeinträchtigung aufgrund
    der ADHS-Symptomatik das eigene Erleben berücksichtigt werden.
    Bei Erwachsenen basiert die Beurteilung überwiegend auf
    den eigenen Angaben, die mit denen enger Bezugspersonen – sofern verfügbar – abgeglichen werden sollten.


    Welche Bedeutung haben Fragebogenverfahren und Verhaltensbeobachtungen bei der Diagnostik von ADHS?
    Die Diagnose ADHS sollte nicht ausschließlich auf der
    Grundlage von Fragebogenverfahren oder Verhaltensbeobachtungen gestellt werden. Fragebogenverfahren für Eltern,
    Lehrer oder Patienten sind aber hilfreich und sollten auch
    zur ergänzenden Erfassung der Symptomatik oder zusätzlich vorhandener Symptome eingesetzt werden.
    Verhaltensbeobachtungen außerhalb der Untersuchungssituation (z.B. in der Schule) sollten vor allem dann zum
    Einsatz kommen, wenn die Symptomatik nicht eindeutig
    erfasst werden kann.
    Welche Bedeutung haben testpsychologische Untersuchungen bei der Diagnostik von ADHS?
    Die Diagnose ADHS soll nicht ausschließlich auf der
    Grundlage von psychologischen Tests gestellt oder ausgeschlossen werden.
    Allerdings können testpsychologische Untersuchungen
    die Diagnostik ergänzen. Sie sind zur Beantwortung spezifischer Fragestellungen notwendig (z.B. bei Verdacht auf
    schulische Überforderung oder auf Intelligenzminderung,
    Entwicklungsstörungen oder neuropsychologische Störungen).
    Verhaltensbeobachtungen während testpsychologischer
    Untersuchungen können ergänzende Hinweise auf das
    Vorliegen einer ADHS-Symptomatik liefern. ADHS-Symptome müssen jedoch nicht notwendigerweise während
    der Untersuchung auftreten.
    Welche Bedeutung haben Labor- und apparative medizinische Untersuchungen für die Diagnostik von ADHS?
    Eine routinemäßige Durchführung von Laboruntersuchungen oder apparativen medizinischen Untersuchungen
    ist im Rahmen der ADHS-Diagnostik nicht erforderlich.
    Sie sollen aber durchgeführt werden, wenn das für die Abklärung möglicher zugrundeliegender somatischer Erkrankungen oder für differenzialdiagnostische Abklärungen
    von Bedeutung ist.
    Gibt es altersspezifische Besonderheiten, die bei der
    Diagnostik zu berücksichtigen sind?
    Die Symptomatik der ADHS ist in unterschiedlichen Altersgruppen verschieden ausgeprägt. Folgende altersspezifische Besonderheiten sollten bei der Diagnostik berücksichtigt werden:
    • Die Diagnose einer ADHS soll vor dem Alter von drei
    Jahren nicht gestellt werden.


    • Bei Kindern im Alter von drei bis vier Jahren kann die
    Diagnose in der Regel nicht hinreichend sichergestellt
    werden.
    • Bei Kindern im Vorschulalter soll die Diagnose in der
    Regel nur bei sehr starker Ausprägung der Symptomatik
    gestellt werden.
    • Bei jüngeren Kindern können sehr stark ausgeprägte Unruhe, Impulsivität und Ablenkbarkeit sowie Störungen
    der Regulation Risikofaktoren für die Entwicklung einer
    ADHS sein.
    • Je jünger die Kinder sind, umso schwieriger ist eine Abgrenzung zu Normvarianten.
    • Im Jugend- und Erwachsenenalter muss die im Verlauf
    der Pubertät oft einsetzende Verminderung der Hyperaktivität berücksichtigt werden.


    Welche psychischen Störungen oder körperlichen Erkrankungen sind von ADHS abzugrenzen?
    Merkmale von Hyperaktivität, Impulsivität und Unaufmerksamkeit können auch bei anderen psychischen Störungen auftreten. Diese zeigen jedoch zusätzliche Merkmale, welche üblicherweise nicht bei ADHS vorkommen.
    In Betracht zu ziehen sind:
    • Störungen des Sozialverhaltens, die mit Verweigerung
    von Aufgaben einhergehen können, die Anstrengung
    verlangen;
    • Tic- und Tourette-Störungen, die durch plötzlich einschießende Bewegungen und Laute gekennzeichnet sein
    können;
    • umschriebene Entwicklungsstörungen und Lernstörungen, die mit Unaufmerksamkeit einhergehen können;
    • Intelligenzminderung, bei der eine Überforderung Symptome einer ADHS auslösen kann;
    • Autismus-Spektrum-Störungen, bei denen aufgrund der
    autistischen Symptomatik Unaufmerksamkeit oder auch
    Impulsivität ausgelöst werden kann;
    • depressive Störungen, bei denen Konzentrationsprobleme auftreten können;
    • Angststörungen, bei denen Unaufmerksamkeit und Unruhe in Zusammenhang mit Angst auftreten kann;
    • bipolare Störungen, bei denen episodisch Überaktivität,
    Impulsivität undKonzentrationsprobleme auftreten;
    • Substanzkonsumstörungen, bei denen durch Substanzkonsum Symptome einer ADHS ausgelöst werden können;
    • psychotische Störungen, in deren Verlauf auch
    ADHS-Symptome auftreten können;
    • medikamenteninduzierte Störungen;
    • Schlafstörungen, einschließlich Schlafapnoe, die mit Müdigkeit und Unaufmerksamkeit einhergehen;
    • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), wobei das


    Erregungsniveau erhöht ist.
    Organische Erkrankungen können Verhaltensweisen auslösen, die fälschlicherweise als ADHS Symptome interpretiert werden:
    • Seh- oder Hörstörungen, die als Unaufmerksamkeit fehlinterpretiert werden;
    • Anfallsleiden, die als Unaufmerksamkeit oder motorische Unruhe fehlinterpretiert werden;
    • Schilddrüsenfunktionsstörungen.
    Bei weiteren organischen Erkrankungen wie z.B. bei der
    Fetalen Alkohol Spektrum Störung (FASD) und anderen,
    zumeist seltenen Erkrankungen, können Symptome von
    ADHS zusätzlich vorhanden sein.
    Störungen, die von ADHS abgegrenzt werden können,
    können aber auch gemeinsam mit einer ADHS als zusätzliche Störung auftreten.
    Welche zusätzlichen Störungen sind häufig gemeinsam
    mit ADHS vorhanden und sollen beachtet werden?
    Zusätzliche Störungen sind häufig. Sie können sich ungünstig auf die Prognose auswirken.
    Bei Kindern kommen oppositionelles Trotzverhalten und
    andere Störungen des Sozialverhaltens, Tic-Störungen,
    umschriebene Entwicklungsstörungen (der Motorik, der
    Sprache, der schulischen Fertigkeiten), Angststörungen,
    depressive Störungen, Autismus-Spektrum-Störungen und
    ab dem Jugendalter Substanzkonsumstörungen und Persönlichkeitsstörungen zusätzlich zur ADHS am häufigsten
    vor.
    Bei Hinweisen darauf soll eine Abklärung und nötigenfalls
    eine Behandlung entsprechend den jeweiligen Leitlinien
    erfolgen.
    Vorgehensweise bei der Behandlung
    Wie sollte ausgewählt werden, welche Behandlung für
    einen bestimmten Patienten am besten geeignet ist?
    Nachdem die Diagnose gestellt ist, sollte bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS abgeklärt werden, welche Behandlungsmöglichkeiten es gibt. Diese sollten dem Patienten vorgestellt und erläutert werden, damit
    er sich mit diesem Wissen dafür oder dagegen entscheiden
    kann (informierte Entscheidung). Außerdem sollte vom
    Behandler erfragt werden, welche dieser Behandlungsmöglichkeiten vom Patienten und seinen Bezugspersonen gewünscht und mit getragen werden (partizipative Entscheidungsfindung).


    Bei der Auswahl der Therapie sollten persönliche Faktoren
    (z.B. Leidensdruck), Umgebungsfaktoren, der Schweregrad der Störung sowie zusätzlich vorhandener Störungen
    und die Teilhabe berücksichtigt werden


    Wie soll die Behandlungsplanung erfolgen?
    1. Die Behandlung der ADHS soll im Rahmen eines multimodalen therapeutischen Gesamtkonzeptes erfolgen,
    was bedeutet, dass verschiedene Behandlungsarten berücksichtigt werden. Es soll dazu ein Behandlungsplan
    aufgestellt werden. Entsprechend der individuellen Symptomatik, dem Funktionsniveau, der Teilhabe sowie den
    Wünschen des Patienten und seines Umfeldes können
    dabei psychosoziale (was damit gemeint ist, wird weiter
    unten erläutert) und medikamentöse sowie ergänzende
    Interventionen kombiniert werden.
    2. Grundsätzlich soll eine umfassende Psychoedukation angeboten werden, bei der der Patient und seine wichtigen
    Bezugspersonen über ADHS aufgeklärt werden, ein individuelles Störungskonzept entwickelt wird und Behandlungsmöglichkeiten dargestellt werden mit dem Ziel, eine
    partizipative Entscheidungsfindung zu ermöglich. Weitere Erläuterungen zu „Psychoedukation“ siehe unten.
    3. Bei Kindern vor dem Alter von sechs Jahren soll primär
    psychosozial (einschließlich psychotherapeutisch) (siehe
    Erläuterungen) interveniert werden. Eine medikamentöse Behandlung der ADHS-Symptomatik soll nicht vor
    dem Alter von drei Jahren angeboten werden.
    4. Bei ADHS von einem leichten Schweregrad (weiter unten wird ausgeführt, wie ADHS nach Schweregraden
    eingeteilt werden kann) soll primär psychosozial interveniert werden. In Einzelfällen kann bei behandlungsbedürftiger ADHS-Restsymptomatik ergänzend eine medikamentöse Behandlung angeboten werden.
    5. Bei mittelgradiger ADHS soll in Abhängigkeit von den
    Lebensumständen des Patienten, seines Umfeldes, den
    Wünschen des Patienten und seiner wichtigen Bezugspersonen sowie den Behandlungsmöglichkeiten nach
    einer umfassenden Psychoedukation entweder eine intensivierte psychosoziale (einschließlich intensivierte
    psychotherapeutische) Intervention oder eine medikamentöse Behandlung oder eine Kombination angeboten
    werden.
    6. Bei Kindern und Jugendlichen mit schwerer ADHS soll
    primär eine medikamentöse Therapie nach einer intensiven Psychoedukation angeboten werden. In die medikamentöse Therapie kann eine parallele intensive psychosoziale Intervention integriert werden. In Abhängigkeit
    von dem Verlauf der Pharmakotherapie sollen bei behandlungsbedürftiger ADHS-Restsymptomatik psychosoziale Interventionen angeboten werden.


    7. Im Erwachsenenalter ist die medikamentöse Therapie
    auch bei leichter und mittelgradiger Ausprägung und
    Beeinträchtigung (neben der Psychoedukation) die Therapie der ersten Wahl (vorausgesetzt dies entspricht den
    Wünschen des Patienten).
    8. Zusätzlich bestehende Störungen sollen leitliniengerecht
    behandelt werden. Bei der Entscheidung, welche Störung zuerst behandelt werden soll, soll u. a. der Schweregrad der Störungen berücksichtigt werden.
    Erläuterung
    Schweregradeinteilung der ADHS-Symptomatik:
    Leichtgradig:
    Die vorliegenden Symptome reichen aus, damit die Diagnose ADHS gestellt werden kann. Zusätzliche Symptome
    bestehen nicht oder nur in geringem Ausmaß.
    Die Symptome führen zu nur geringfügigen Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen.
    Mittelgradig:
    Die Ausprägung der Symptomatik und der funktionalen Beeinträchtigung liegt zwischen „leichtgradig“ und
    „schwergradig“. Es gibt dabei 2 Möglichkeiten:
    1. Die Ausprägung der Symptomatik übersteigt deutlich
    das zur Diagnosestellung erforderliche Ausmaß, aber es
    bestehen nur geringfügige Beeinträchtigungen in sozialen, schulischen oder beruflichen Funktionsbereichen,
    oder
    2. Die Ausprägung der Symptomatik ist gering, aber es besteht eine deutliche funktionelle Beeinträchtigung.
    Schwergradig:
    Die Anzahl der Symptome übersteigt deutlich die zur Diagnosestellung erforderliche Anzahl oder mehrere Symptome sind besonders stark ausgeprägt und die Symptome
    beeinträchtigen die soziale, schulische oder berufliche
    Funktionsfähigkeit in erheblichem Ausmaß.
    Erläuterung
    Definition Psychosoziale Interventionen
    Psychosoziale Interventionen umfassen die nach einer
    Ausbildung erlernten, bewussten und geplanten psychologischen, psychotherapeutischen und sozialen Maßnahmen
    zur Verminderung von ADHS oder zusätzlich vorhandenen psychischen Störungen.
    Psychosoziale Interventionen können direkt an den Patienten oder seine Bezugspersonen (z.B. Eltern, Lehrer

    Partner) gerichtet sein oder auch das nähere oder weitere
    Umfeld des Patienten (Familie, Kindertagestätte, Schule,
    Arbeitsplatz, Gemeinde) einbeziehen. Psychosoziale Interventionen können von verschiedenen Berufsgruppen
    durchgeführt werden, wenn sie eine entsprechende Qualifikation besitzen, beispielsweise Psychologen und Psychotherapeuten, Ärzten, Pädagogen, Ergotherapeuten oder
    Sozialarbeitern.


    Definition Psychoedukation
    Psychoedukation umfasst die Aufklärung und Beratung
    des Patienten oder seiner Bezugspersonen zum Störungsbild und seinen Ursachen sowie zum Verlauf und zu den
    möglichen Maßnahmen. Neben der Aufklärung über mögliche Beeinträchtigungen sollten dabei besonders auch die
    individuellen Stärken und schützenden und fördernden
    Möglichkeiten beachtet werden. Dies sind zum Beispiel
    besondere sportliche Kompetenz, Spontanität, Kontaktfreudigkeit oder Kreativität, um diese für den Patienten
    und seine psychosoziale Umgebung erfahrbar werden zu
    lassen. Gemeinsam mit dem Patienten und seinen Bezugspersonen wird auf der Basis dieser Informationen ein
    individuelles Störungskonzept zu den vermutlichen Ursachen und dem vermutlichen Verlauf der Symptomatik
    im individuellen Fall erarbeitet und es werden konkrete
    Strategien zur Bewältigung der Problematik oder ihrer
    Folgen in den verschiedenen Lebensbereichen des Patienten entwickelt. Psychoedukation stellt die Grundlage aller
    weiterführenden psychosozialen (einschließlich psychotherapeutischen) und medikamentösen Maßnahmen dar
    und stellt den Betroffenen Informationen zur Verfügung,
    die eine gemeinsame Entscheidungsfindung, „shared decision making“ (SDM) möglich machen. Bei intensiveren
    psychosozialen (einschließlich psychotherapeutischen)
    Maßnahmen werden Maßnahmen durchgeführt, welche
    über die Beratung bei Psychoedukation hinausgehen und
    beispielsweise eine konkrete und detaillierte Anleitung von
    Eltern oder anderen Bezugspersonen zur Veränderung der
    Wechselwirkung mit dem Patienten, sowie Maßnahmen zu
    Veränderungen von Informationsverarbeitung (einschließlich Einstellungen), Emotionen und Handlungen der Bezugspersonen und des Patienten und auch konkrete Therapieaufgaben für Bezugspersonen und Patient umfassen.
    Im Rahmen des multimodalen Behandlungsplans sollten
    Zielen aus den Bereichen Aktivitäten und Teilhabe Vorrang eingeräumt werden. Die Zielformulierung sollte gemeinsam mit den Betroffenen und deren Angehörigen erfolgen.


    Wie soll bei Nichtansprechen auf die therapeutischen
    Maßnahmen vorgegangen werden?
    Wenn die durchgeführten medikamentösen oder nichtmedikamentösen (z.B. Elterntraining, psychosoziale, einschließlich psychotherapeutische Intervention) therapeutischen Maßnahmen keine oder nur sehr geringe Wirkung
    zeigen, soll vom Behandler erneut überprüft werden:
    Generell:
    • ob die Diagnosekriterien einer ADHS erfüllt sind;
    • ob das schlechte therapeutische Ansprechen ggf. durch
    vorhandene zusätzliche Störungen / Erkrankungen erklärt werden kann;
    • wie Patienten und Sorgeberechtigte gegenüber den eingesetzten therapeutischen Interventionen eingestellt sind;
    • inwieweit Sorgeberechtigte / sonstige Betreuungspersonen die Behandlung des Patienten unterstützen und der
    Patient selbst zu einer Behandlung motiviert ist;
    • ob die Befürchtung einer Bloßstellung die Akzeptanz gegenüber der Therapie beeinträchtigt.
    Zusätzlich bei Pharmakotherapie:
    • wie regelmäßig die Einnahme des Präparates erfolgt ist,
    ob unerwünschte Wirkungen auftraten und wie in diesem
    Zusammenhang die Einhaltung der Therapieziele einzuschätzen ist;
    • ob das Präparat in ausreichender Dosierung und in angemessener Verteilung über den Tag verordnet und eingenommen wurde.


    Wie soll mit fortbestehenden zusätzlich bestehenden
    Störungen oder Problemen umgegangen werden?
    Bei erfolgreicher medikamentöser oder nichtmedikamentöser Therapie der ADHS-Kernsymptomatik soll gemeinsam mit dem jeweiligen Patienten und seinen Bezugspersonen überprüft werden, ob zusätzlich bestehende Störungen
    oder Probleme weiter bestehen (z. B. aggressives Verhalten,
    Ängste oder Lernschwierigkeiten). Für diese begleitenden
    Schwierigkeiten sollten jeweils ein individueller Behandlungsplan aufgestellt und entsprechende Maßnahmen eingeleitet werden.


    Weitere Therapiemaßnahmen
    Neurofeedback
    Unter welchen Voraussetzungen kann ADHS mit Neurofeedback behandelt werden?
    Neurofeedback kann im Rahmen eines Behandlungsplanes
    der ADHS bei Kindern ab dem Alter von sechs Jahren und
    Jugendlichen ergänzend eingesetzt werden, wenn es nach


    einem standardisierten Verfahren (Näheres dazu siehe unten) durchgeführt wird und wenn dadurch eine andere wirkungsvollere Therapie nicht verzögert oder verhindert wird.
    Wie soll Neurofeedback bei ADHS durchgeführt werden?
    Wenn Neurofeedback eingesetzt wird, soll es:
    • mittels gut untersuchter Verfahren trainiert werden. Sog.
    „QEEG-basierte“ Verfahren mit z.T. anderen Frequenzbereichen und Platzierungen der Elektroden sollen nicht
    verwendet werden;
    • Grundsätze der Lerntheorie und Übungen zum Übertragen des Erlernten in den Alltag umfassen;
    • ausreichend lange trainiert werden (mindestens 25 bis
    30 Sitzungen), wobei regelmäßig mit dem Kind / Jugendlichen und Eltern gemeinsam überprüft werden soll,
    ob die Fortsetzung der Behandlung durch Hinweise auf
    eine beginnende Wirksamkeit gerechtfertigt ist


    Kommentar zur Empfehlung:
    Da es sich bei Neurofeedback um eine Maßnahme auf verhaltenstherapeutischer Basis handelt, sollten die durchführenden Therapeuten eine verhaltenstherapeutische
    Qualifikation sowie eine fundierte Kenntnis der Standard-Neurofeedback-Trainingsverfahren haben. Darüber
    hinaus wird – wie auch bei anderen Maßnahmen – Supervision als unerlässlich angesehen. Derzeit gibt es noch
    keine formalisierte Ausbildung, die zur Durchführung von
    Neurofeedback qualifiziert.
    Diätetische Maßnahmen
    Was sollte dem Patienten im Hinblick auf Ernährung
    im Allgemeinen mitgeteilt werden?
    Der Behandler sollte Patienten aller Altersgruppen und
    ihre Angehörigen auf die Wichtigkeit und Bedeutung einer
    ausgewogenen und vollwertigen Ernährung sowie regelmäßiger Bewegung bzw. sportlicher Betätigung hinweisen.
    Was soll im Hinblick auf künstliche Farbstoffe beachtet
    werden?
    Der Versuch, im Rahmen der Ernährung auf künstliche
    Farbstoffe oder auch andere Nahrungszusätze zu verzichten, kann sich für einzelne Patienten als hilfreich herausstellen. Dies soll jedoch nicht als generelle Maßnahme bei
    Kindern- und Jugendlichen sowie bei Erwachsenen mit
    ADHS durchgeführt werden.
    Was sollte im Hinblick auf Eliminationsdiäten6 beachtet werden?


    Die Anamneseerhebung sollte bei Kindern, Jugendlichen
    mit ADHS auch die Fragestellung berücksichtigen, ob bestimmte Nahrungsmittel oder Getränke die Symptomatik
    (v.a. die Hyperaktivität) beeinflussen. Ergeben sich dabei
    Hinweise auf mögliche Zusammenhänge, sollten Eltern,
    Betreuungspersonen oder die Betroffenen selbst angehalten werden, einige Tage Buch über aufgenommene Nahrung / Getränke und den Verlauf der ADHS Symptomatik
    zu führen. Bestätigt sich hierdurch der Zusammenhang
    zwischen bestimmten Nahrungsmitteln und dem Verhalten, sollte an einen Ernährungsberater verwiesen werden.
    Das weitere diesbezügliche Vorgehen (z.B. das Weglassen
    bestimmter Nahrungsmittel) sollte im Verlauf in gemeinsamer Abstimmung zwischen Ernährungsberater und dem
    Behandler, sowie den Eltern oder Betreuungspersonen erfolgen.
    Die Eltern oder Bezugspersonen von Kindern oder Jugendlichen mit ADHS sollten in diesem Zusammenhang
    darauf hingewiesen werden, dass nichts bekannt ist über
    Langzeiteffekte, die durch das Weglassen bestimmter Nahrungsmittel entstehen können, und auch nur wenige Befunde zu den Kurzzeiteffekten solcher Diäten vorliegen,
    und möglicherweise mit Mangelerscheinungen und Folgeschäden zu rechnen ist.


    Können Omega 3- / Omega 6-Fettsäuren zur Behandlung der ADHS empfohlen werden?
    Auch wenn es Befunde gab, die auf einen positiven, aber
    quantitativ geringen Effekt einer Gabe von Omega 3- und
    Omega 6-Fettsäuren zur Behandlung der ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hindeuteten, kann
    nach heutigem Stand der Erkenntnis (Nice 2016) keine
    Empfehlung für eine Nahrungsergänzung mit diesen Substanzen abgegeben werden.
    Medikamentöse Maßnahmen
    Kommentar über die Rahmenbedingungen für die
    Verordnung von Medikamenten bei ADHS (Stand
    Ende 2017):
    Für die medikamentöse Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit ADHS sind in Deutschland vier verschiedene Wirkstoffe in einer Vielzahl von Arzneimitteln zur
    Einnahme zugelassen. Bei diesen Wirkstoffen können zwei
    Gruppen unterschieden werden: einerseits die sogenannten Stimulanzien (Methylphenidat und Dexamfetamin),
    andererseits die sogenannten Nicht-Stimulanzien (Atomoxetin und Guanfacin).
    Die Stimulanzien sind den Betäubungsmitteln zugeordnet
    6 Eliminationsdiät – Diät unter Auslassung bestimmter – sonst üblicher -
    Nahrungsbestandteile


    und ihre Verordnung erfolgt nach dem Betäubungsmittelgesetz. Die Verordnung muss durch einen Spezialisten für
    Verhaltensstörungen bei Kindern durchgeführt werden.
    Zuvor muss die Diagnose der ADHS anhand einer vollständigen Anamnese und Untersuchung des Patienten und
    gemäß aktuell gültiger Kriterien (DSM-V oder ICD-10)
    gestellt worden sein. Die Diagnose darf sich nicht allein auf
    das Vorhandensein eines oder mehrerer Symptome stützen.
    Bezüglich der Auswahl des geeigneten Präparats finden
    sich darüber hinaus in den Fachinformationen relevante
    Differenzierungen.
    Die Fachinformationen zu den Medikamenten enthalten
    darüber hinaus weitere Hinweise dazu, was bei der Verordnung bezüglich der Auswahl eines geeigneten Medikamentes zu beachten ist:
    So sind die Wirkstoffe Methylphenidat und Atomoxetin
    grundsätzlich zur Behandlung der ADHS zugelassen. Dagegen ist Dexamfetamin nur dann zugelassen, wenn zuvor
    mit Methylphenidat behandelt wurde und diese Behandlung nicht ausreichend wirksam war. Guanfacin ist nur
    dann zugelassen, wenn für diese Patienten eine Behandlung mit Stimulanzien nicht in Frage kommt, unverträglich
    ist oder sich als unwirksam erwiesen hat.
    Für Methylphenidat liegen Darreichungsformen mit unmittelbarer (unretardierter) und verzögerter (retardierter)
    Wirkstofffreisetzung vor. Es finden sich jeweils verschiedene Medikamente, welche alle den gleichen Wirkstoff beinhalten, sich jedoch teilweise hinsichtlich der Füll- und Zusatzstoffe unterscheiden. Insbesondere bei den retardierten
    Darreichungsformen kommen hierdurch Unterschiede in
    der zeitlichen Freisetzung des Wirkstoffs und der Wirkdauer zu Stande. Diese können in der Behandlung für die
    Auswahl des Präparats bzw. eine Umstellung dessen von
    Bedeutung sein und für den Patienten von Nutzen sein.
    Aus der Wirkstoffgruppe der Amfetamine sind zwei Arzneimittel für die Behandlung der ADHS bei Kindern und
    Jugendlichen ab sechs Jahren zugelassen, wenn das Ansprechen auf eine zuvor erhaltene Behandlung mit Methylphenidat als unzureichend angesehen wird. Dexamfetaminhemisulfat (Attentin®) und Lisdexamfetamindimesilat
    (Elvanse®) stellen jeweils verschiedene Aufbereitungen des
    Wirkstoffes Dexamfetamin dar.
    Seit Januar 2016 ist in Deutschland zudem Guanfacin (Intuniv®) zugelassen. Für die zulassungsgemäße Verordnung
    ist Voraussetzung, dass eine Behandlung mit Stimulanzien
    nicht in Frage kommt, unverträglich ist oder sich als unwirksam erwiesen hat.
    Die Behandlung von Erwachsenen ab dem 18. Lebensjahr
    kann mit zwei Methylphenidat Präparaten mit verzögerter
    Wirkungsfreisetzung begonnen werden (Medikinet adult®,
    Ritalin adult®). Die Verschreibung ist bis ins höhere Lebensalter möglich. Bei älteren Personen – eine genaue Altersdefinition wird vom G-BA in den Fachinformationen

    nicht angegeben – soll keine Verschreibung vorgenommen
    werden.
    Die Behandlung der ADHS kann im Erwachsenenalter
    auch mit Atomoxetin begonnen werden. Hier findet sich in
    der Fachinformation der Hinweis, dass ab dem 65. Lebensjahr keine Erfahrungswerte zu dieser Behandlung verfügbar sind. Dies ist ein Anhaltspunkt, dass die Behandlung
    mit Atomoxetin in diesem Alter nur nach besonders kritischer Bewertung des Verordnungsanlasses vorgenommen
    werden soll.
    Wenn eine Behandlung während der Jugend mit
    Oros-Methylphenidat oder entsprechenden Generika erfolgte, kann diese in das Erwachsenenalter fortgeschrieben
    werden.
    Weiterführende Informationen zu den einzelnen Medikamenten sollen den jeweiligen aktuellen Fachinformationen
    entnommen werden.
    Die Autoren dieser Leitlinie weisen ausdrücklich darauf
    hin, dass alle Angaben ohne Gewähr sind und jegliche Haftung durch fehlerhafte, unvollständige oder veraltete Informationen ausgeschlossen wird.
    Unter „Off-Label-Use“ wird der zulassungsüberschreitende
    Einsatz eines Arzneimittels verstanden, insbesondere bei
    der Anwendung eines zugelassenen Arzneimittels außerhalb der von den nationalen oder europäischen Zulassungsbehörden genehmigten Anwendungsgebiete (Definition
    des G-BA). Um diese Medikamente als „Off-Label-Use“
    einzusetzen, müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
    • Nachgewiesene Wirksamkeit,
    • Günstiges Nutzen-Risikoprofil,
    • Fehlende Alternativen,
    • Heilversuch.
    Weiterhin hat der behandelnde Arzt eine besondere Aufklärungspflicht über mögliche Konsequenzen (keine
    Herstellerhaftung usw.) gegenüber dem Patienten. Eine
    gemeinsame Entscheidungsfindung ist notwendig. Ein
    „Off-Label-Use“ ist dementsprechend nur bei schwerwiegenden Erkrankungen zulässig, wenn es keine Behandlungsalternative gibt. Nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse muss die begründete Aussicht bestehen,
    dass die Behandlung zu einem Erfolg führt.
    Bei welchen Patienten ist eine Behandlung mit Medikamenten angezeigt?
    Bei der Entscheidung für eine Behandlung mit Medikamenten sollten unterschiedliche Gesichtspunkte beachtet
    werden: unter anderem das Alter des Patienten, der Schweregrad der Symptomatik und die daraus folgende Schwere
    der Beeinträchtigung in verschiedenen Lebensbereichen,


    die Wünsche der Familie und des Patienten sowie die
    Wirksamkeit von im Vorfeld bereits eingeleiteten psychosozialen (einschließlich psychotherapeutischen) Maßnahmen.
    Bei Patienten im Kleinkind- bzw. Vorschulalter ab drei
    Jahren sollte eine Behandlung mit Medikamenten nur mit
    besonderer Vorsicht erwogen werden, da hierzu nur unzureichende wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen. Zuvor
    sollten nichtmedikamentöse Behandlungsmöglichkeiten
    wie z.B. Elterntraining (s.u.) ausgeschöpft worden sein.
    Im Schulalter ist die Empfehlung zur Behandlung mit
    Medikamenten im Rahmen des Behandlungsplanes v.a.
    vom Schweregrad der Symptomatik sowie den Wünschen
    des jeweiligen Patienten und seiner Familie abhängig. Bei
    schwerer Ausprägung der Symptomatik und deutlicher
    Beeinträchtigung hierdurch sollte den Patienten und ihren Familien nach ausführlicher Psychoedukation als Erstes zur Behandlung mit Medikamenten geraten werden,
    sofern Vorstellungen und Wünsche der Betroffenen nicht
    dagegen sprechen. Auch bei moderater Ausprägung bzw.
    Beeinträchtigung ist eine Behandlung mit Medikamenten
    angezeigt, wenn der Patienten und seine Familie diese Behandlungsmöglichkeit bevorzugen, ebenso bei mangelnder
    Wirksamkeit vorherig eingeleiteter nichtmedikamentöser
    Behandlungen. Im Gegensatz dazu wird im Erwachsenenalter aufgrund der vorliegenden Evidenz eine Behandlung
    mit Medikamenten (neben der Psychoedukation) als erste
    Behandlungsmöglichkeit auch bei leichter und moderater
    Ausprägung und Beeinträchtigung angesehen (vorausgesetzt dies entspricht dem Wunsch des Patienten).


    Wer soll eine medikamentöse Behandlung durchführen?
    • Eine medikamentöse Behandlung soll nur von einem
    entsprechend befähigten Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, für Nervenheilkunde, für Neurologie und
    / oder Psychiatrie oder für Psychiatrie und Psychotherapie, oder ärztlichen Psychotherapeuten initiiert und unter dessen Aufsicht angewendet werden. Dieser soll über
    Kenntnisse im Bereich ADHS und der Kontrolle einer
    Behandlung mit Medikamenten verfügen.
    • Bei drei- bis sechsjährigen Kindern soll die Verschreibung durch einen Arzt mit besonderen Kenntnissen zu
    Verhaltensstörungen in dieser Altersgruppe erfolgen.
    • Die Entscheidung für eine Behandlung mit Medikamenten soll nur nach gesicherter Diagnosestellung auf der
    Basis einer sorgfältigen Anamnese und Untersuchung erfolgen.
    • Nach erfolgreicher medikamentöser Einstellung durch
    die jeweiligen Spezialisten können in Ausnahmefällen
    auch Hausärzte Folgeverordnungen und die damit verbundenen Kontrolluntersuchungen vornehmen. Zur

    Überprüfung der Wirksamkeit bzw. der weiteren Notwendigkeit der Behandlung bzw. zur bedarfsorientierten
    Anpassung der Dosierung sollen jedoch in regelmäßigen
    Abständen auch weiterhin Vorstellungen bei den Spezialisten erfolgen, denen die Aufsicht über die Behandlung
    obliegt.
    Kommentar zur Empfehlung:
    Verschreibende Ärzte müssen die rechtlichen Vorschriften
    und Regelungen kennen, die im Zusammenhang mit der
    Verordnung von Stimulanzien, die dem Betäubungsmittelgesetz unterliegen, gelten (gesetzliche Vorgabe).
    Eine medikamentöse Behandlung von Kindern und
    Jugendlichen mit einer ADHS soll von Fachpersonal
    (Fachärztinnen und Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, sowie Ärztinnen und Ärzten
    mit Fachkunde für Kinder- und Jugendpsychiatrie; entsprechend erfahrenen Fachärzten für Kinder- und Jugendmedizin) durchgeführt werden.
    Bei Erwachsenen mit ADHS soll die medikamentöse Behandlung von Ärzten durchgeführt werden, die über umfassende Kenntnisse bezüglich ADHS sowie im Bereich
    der medikamentösen Therapie bei psychiatrischen Störungen und die häufig im Erwachsenenalter zusammen mit
    ADHS auftretenden Erkrankungen verfügen.
    Welche Präparate sind zur Behandlung empfohlen?
    Wenn eine medikamentöse Behandlung angezeigt ist, sollen Stimulanzien (Methylphenidat, Dexamfetamin und
    Lisdexamfetamin), Atomoxetin und Guanfacin als Behandlungsmöglichkeiten der ADHS in Betracht gezogen
    werden. Dabei sollte beachtet werden, was aktuell für die
    Zulassung der entsprechenden Medikamente gilt.
    Nach welchen Kriterien sollten die passenden Medikamente ausgewählt werden?
    Bei einer Entscheidung für eine Behandlung mit Medikamenten sollten bei der Wahl des Wirkstoffes bzw. der Zubereitungsform folgende Aspekte berücksichtigt werden:
    • die Zulassungsbedingungen;
    • die erwünschte Wirkdauer und was die Medikamente
    bewirken;
    • die unterschiedliche Art und Weise der unerwünschten
    Wirkungen der Medikamente;
    • das Vorliegen bestimmter gleichzeitig bestehender Störungen/Erkrankungen (z.B. Tic-Störungen, epileptische Erkrankungen). Wie dies die Auswahl der Medikamente beeinflusst, wird weiter unten dargestellt.
    • besondere Umstände, welche die Bereitschaft des Patienten beeinträchtigen könnten, die Empfehlungen zur

    medikamentösen Behandlung einzuhalten; z. B. Furcht
    eines Kindes oder Jugendlichen vor Ausgrenzung, wenn
    ein kurz wirksames Präparat während der Schulzeit eingenommen werden muss;
    • die Gefahr des Missbrauchs der Substanz durch den Patienten bzw. der Weitergabe der Medikamente an Dritte;
    • die Wünsche des Patienten und ggf. seiner Sorgeberechtigten.
    Die medikamentöse Behandlung von Patienten mit ADHS,
    bei denen zusätzlich ein Substanzmissbrauch oder eine
    Substanzabhängigkeit besteht, sollte durch einen Spezialisten mit Kenntnissen in der Behandlung von ADHS und
    Sucht erfolgen.

    Welche Untersuchungen sollten vor Beginn einer Behandlung mit Medikamenten durchgeführt werden?
    Vor dem Beginn einer Behandlung mit Medikamenten
    sollte eine erneute körperliche und neurologische Untersuchung erwogen werden. Besonders erfragt werden sollen
    Symptome, die auf eine Herz-Kreislauferkrankung hinweisen könnten (z. B. Kreislaufzusammenbruch oder eine
    nicht erklärliche Atemnot) und eventuelle familiäre Vorbelastungen im Hinblick auf Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems.
    Vor jeder Einstellung mit Medikamenten sollen zumindest
    Puls und Blutdruck sowie das Körpergewicht und die Körpergröße bestimmt werden.
    Die Durchführung eines EKGs sollte dann erfolgen, wenn
    sich aus der Vorgeschichte oder bei einer körperlichen Untersuchung Hinweise auf eine Herz-Kreislauferkrankung
    ergeben oder eine entsprechende familiäre Belastung vorliegt. Falls nötig sollte dann ein Kardiologe bzw. Kinderkardiologe zu Rate gezogen werden.


    Kommentar zur Empfehlung:
    Die Voruntersuchungen orientieren sich an häufig auftretenden und bedeutsamen unerwünschten Wirkungen
    (welche unerwünschten Wirkungen es gibt, wird weiter
    unten ausgeführt). Da Puls- und Blutdrucksteigerungen
    sowie Appetitminderung und Auswirkungen auf das Längenwachstum zu den häufigsten unerwünschten Wirkungen zählen, wird empfohlen standardmäßig Puls, Blutdruck, Körpergewicht und Körpergröße zu bestimmen.
    Da andere unerwünschte Wirkungen seltener auftreten,
    ist eine standardmäßige Untersuchung vor Beginn einer
    medikamentösen Therapie nicht empfohlen und sollte im
    Einzelfall dann durchgeführt werden, wenn sich aus der
    eigenen Krankheitsvorgeschichte oder der Krankheitsvorgeschichte der Familie Hinweise auf das Vorliegen einer
    Herz-Kreislauferkrankung ergeben.


    Was soll beim einzelnen Patienten bei der Auswahl des
    Medikamentes berücksichtigt werden?
    • Wenn die Entscheidung für eine medikamentöse Behandlung gefallen ist, soll der Behandler bei Patienten
    mit ADHS ohne bedeutsame Komorbiditäten die Behandlung mit Stimulanzien beginnen, wenn bei diesem
    Patienten sonst nichts dagegen spricht.
    • Es ist nicht zugelassen, die Behandlung mit Amfetaminpräparaten (Attentin, Elvanse) zu beginnen, wenn nicht
    zuvor ein Behandlungsversuch mit Methylphenidat erfolgt war.
    • Die Behandlung mit Intuniv ist für Kinder und Jugendliche im Alter von 6-17 Jahren nur dann zugelassen, wenn
    eine Behandlung mit Stimulanzien nicht in Frage kommt
    oder unverträglich ist oder sich als unwirksam erwiesen
    hat.
    • Bei Patienten mit ADHS und gleichzeitig vorhandener
    Störung des Sozialverhaltens oder antisozialer Persönlichkeitsstörung soll auch die Behandlung mit Stimulanzien begonnen werden.
    • Bei Patienten mit ADHS und koexistierenden Ticstörungen sollen Stimulanzien oder alternativ Atomoxetin oder
    Guanfacin gewählt werden.
    • Bei Patienten mit ADHS und gleichzeitig vorhandenen
    Angststörungen sollen Stimulanzien oder alternativ Atomoxetin gewählt werden.
    • Bei Patienten mit ADHS und Substanzkonsum mit erhöhtem Risiko für nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch der Medikamente sollen langwirksame Stimulanzien oder alternativ Atomoxetin oder Guanfacin gewählt
    werden.
    • Bei Patienten, bei denen sich eine Behandlung mit Stimulanzien als ineffektiv erwiesen hat, obwohl die Dosis
    bis zur maximal verträglichen Höhe gesteigert wurde,
    soll ein anderes Stimulanz, Atomoxetin oder Guanfacin
    gewählt werden.
    Bei Patienten mit ADHS, deren Symptomatik weder auf
    Stimulanzien (Methylphenidat, Dexamfetamin) noch auf
    Atomoxetin oder Guanfacin anspricht bzw. bei welchen
    die genannten Medikamente zu nicht ertragbaren unerwünschten Wirkungen führen, kann eine Kombination
    verschiedener Wirkstoffe erwogen werden, unter Beachtung der jeweiligen Fachinformation.
    Wenn mehrere Medikamente zur Behandlung in Frage
    kommen und als gleichwertig zu betrachten sind, sollte zunächst das kostengünstigere Präparat gewählt werden.
    Antipsychotika sollen für die Behandlung einer ADHS
    ohne assoziierte Störungen nicht eingesetzt werden.
    Bei Patienten mit ADHS und stark ausgeprägter Impulskontrollstörung und aggressivem Verhalten kann die befristete zusätzliche Gabe von atypischen Neuroleptika in

    Kombination mit psychosozialen (einschließlich psychotherapeutischen) Interventionen zur Verminderung dieser
    Symptomatik erwogen werden.


    Kommentar zur Empfehlung:
    Die zusätzliche Gabe von atypischen Neuroleptika ist im
    Regelfall eine Off-Label Verordnung. Ausnahme ist die Anwendung von Risperidon zur symptomatischen Kurzzeitbehandlung (bis zu 6 Wochen) von anhaltender Aggression bei Verhaltensstörung bei Kindern ab dem Alter von
    fünf Jahren und Jugendlichen mit unterdurchschnittlicher
    geistiger Leistungsfähigkeit, die gemäß der DSM-V Kriterien diagnostiziert wurden, bei denen der Schweregrad der
    aggressiven oder anderen störenden Verhaltensweisen eine
    Behandlung mit Medikamenten erfordert.
    Auf der Basis der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse ist eine Empfehlung für den Einsatz weiterer Medikamente mit anderen Wirkstoffen (z.B. SSRI, Modafinil,
    Selegilin, Bupropion) für die Behandlung der ADHS derzeit nicht möglich.
    Kommentar zur Empfehlung:
    Die Medikamente SSRI, Modafinil, Selegilin und Bupropion sind zur Behandlung der ADHS nicht zugelassen (off
    label).
    Cannabis soll für die Behandlung der ADHS nicht eingesetzt werden.
    Welche Gründe gibt es, bei der Verschreibung von Stimulanzien bei Patienten mit ADHS langwirksame Medikamente zu erwägen?
    • Größere Benutzerfreundlichkeit, einschließlich vereinfachter Medikamenteneinnahme
    • Verbesserte Adhärenz
    • Vermeidung möglicher Bloßstellungung (z.B. durch
    Wegfall einer Einnahme der Medikation in der Schule)
    Abhängig von den Anforderungen im Tagesverlauf sollten
    die unterschiedlichen pharmakokinetischen Profile der
    langwirksamen Präparate berücksichtigt werden.
    Welche Gründe gibt es, unretardierte Medikamente zu
    erwägen?
    • genauere Dosisanpassung bei der allmählich zu steigernden Dosis zu Beginn der Behandlung mit Medikamenten
    • erforderliche höhere Flexibilität in den Dosierungsschemata


    Kommentar zur Empfehlung:
    Während der Eindosierungsphase sollte, unabhängig vom
    jeweiligen Wirkstoff, darauf hingearbeitet werden, dass
    Patient und Bezugspersonen sich streng an die Behandlungsempfehlungen halten, damit die Eigenverantwortung
    für eine Veränderung und das Verständnis für das Medikament gestärkt werden. Ziel ist, eine möglichst niedrige
    Dosierung zu erreichen. Dies wird auch das Problem der
    unerwünschten Wirkungen (Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Affektleere, Traurigkeit) vermindern bzw. vermeiden. Unter diesen Bedingungen kann ausgehend von einer
    niedrigen Einstiegsdosis die Dosis allmählich so lange erhöht werden, bis keine weitere bedeutsame Verbesserung
    der Symptomatik (z.B. auf der Ebene der Kernsymptome,
    aber auch im Sinne einer Änderung von Problemverhalten) zu erreichen ist und die unerwünschten Wirkungen in
    einem erträglichen Rahmen bleiben. Die zugelassene Tageshöchstdosis der einzelnen Präparate sollte berücksichtigt und nur in begründeten Ausnahmefällen überschritten
    werden. Dabei ist zu beachten, dass es sich dann um eine
    off-label Verordnung handelt.
    Was ist im Verlauf einer medikamentösen Behandlung
    zu beachten?
    Zu Beginn einer medikamentösen Behandlung mit Stimulanzien, Atomoxetin oder Guanfacin soll bei jeder Veränderung der Dosierung eine engmaschige (z. B. wöchentliche)
    Überprüfung der Wirksamkeit auf die ADHS-Symptomatik und eine Überprüfung bezüglich des Auftretens unerwünschter Wirkungen erfolgen. Dies soll durch eine
    Befragung des betroffenen Patienten und / oder einer Betreuungsperson geschehen und dokumentiert werden.
    Auch im weiteren Verlauf sind regelmäßige Kontrollen der
    Wirksamkeit und Erfassung unerwünschter Wirkungen der
    Medikation notwendig. Mindestens alle sechs Monate soll
    überprüft werden, ob eine weitere Verabreichung angezeigt
    ist.
    Kommentar zur Empfehlung:
    Aus dieser Überprüfung, ob eine weitere Verabreichung
    angezeigt ist, können sich folgende Möglichkeiten zu einer
    Veränderung der medikamentösen Behandlung ergeben,
    die dann im weiteren Behandlungsverlauf umgesetzt werden sollten:
    • medikamentöse Behandlung weiter wie bisher
    • bei der medikamentösen Behandlung die Dosis reduzieren/ erhöhen
    • die medikamentöse Behandlung beenden
    • die medikamentöse Behandlung mit dem derzeitigen
    Medikament beenden und ein anderes Medikament
    wählen oder


    • das derzeitige Medikament mit einem anderem Medikament kombinieren
    Einmal jährlich soll im Rahmen einer behandlungsfreien
    Zeit überprüft werden, ob die Fortführung der medikamentösen Behandlung angezeigt ist.
    Der Behandler sollte neben seiner aus Verlauf und Befunden gewonnenen Einschätzung standardisierte Instrumente (im Eigen- und Fremdurteil) wie z.B. Fragebögen zur
    Erfassung der Symptomatik bzw. zur Beurteilung möglicher unerwünschter Wirkungen einer medikamentösen
    Behandlung in seine Beurteilung mit einbeziehen.
    Unabhängig von der Wahl des Präparates soll im Zuge einer medikamentösen Behandlung
    • bei Kindern und Jugendlichen die Körpergröße etwa alle
    sechs Monate überprüft und dokumentiert werden;
    • bei Patienten aller Altersstufen das Körpergewicht zunächst nach ca. drei und sechs Monaten nach Beginn der
    medikamentösen Therapie, im Anschluss ca. alle sechs
    Monate gemessen und dokumentiert werden.
    Bei Auftreten einer bedeutsamen Beeinträchtigung des
    Längenwachstums im Zusammenhang mit einer medikamentösen Behandlung mit Stimulanzien sollte eine Unterbrechung der Behandlung z.B. während der Schulferien erfolgen, um ein „Aufholen“ des Wachstums zu ermöglichen,
    wenn keine wichtigeren Gesichtspunkte dagegen sprechen.
    Bei Patienten aller Altersgruppen sollten Puls und Blutdruck bei jeder Anpassung der Dosierung bzw. im Rahmen
    der Routineuntersuchungen etwa alle sechs Monate im
    Hinblick auf altersentsprechende Normwerte überprüft
    werden. Bei einer medikamentösen Behandlung mit Guanfacin sollen Puls und Blutdruck aufgrund möglicher Verlangsamung des Herzschlags und zu niedrigem Blutdruck
    engmaschig kontrolliert werden. Zudem sollten die Patienten auf Anzeichen und Symptome von Schläfrigkeit untersucht werden. Das Absetzen von Guanfacin sollte ausschleichend erfolgen, um einen dadurch hervorgerufenen
    Blutdruck- und Herzfrequenzanstieg zu vermeiden.
    Eine Schädigung der Leber stellt eine seltene unerwünschte Wirkung bei der Behandlung mit Atomoxetin dar. Auf
    Lebererkrankungen bezogene Laboruntersuchungen sind
    als Teil der Routineuntersuchungen nicht erforderlich.
    Liegen Hinweise auf eine Leberschädigung vor, muss das
    Medikament sofort abgesetzt und entsprechende Untersuchungen veranlasst werden.
    Im Falle einer Behandlung mit Stimulanzien soll durch Behandler, Sorgeberechtigte und andere Betreuungspersonen
    auf die Gefahr eines Missbrauchs der Präparate geachtet
    werden.
    Bei Jugendlichen und Erwachsenen, die mit Atomoxetin
    behandelt werden, sollten unerwünschte Wirkungen im


    Sinne sexueller Funktionsstörungen (Erektions- bzw. Ejakulationsstörungen) sowie Störungen des Menstruationszyklus regelmäßig erfragt werden.
    Bei Patienten, bei denen im Rahmen der medikamentösen
    Behandlung zu wiederholten Untersuchungszeitpunkten
    eine zu schnelle Herztätigkeit im Ruhezustand, ein unregelmäßiger Herzschlag oder ein erhöhter systolischer
    Blutdruck festgestellt wurde, sollte die Dosis des jeweiligen Präparates vermindert werden. Außerdem sollte eine
    Überweisung an einen Kinderkardiologen oder Kardiologen erfolgen.
    Bei Auftreten psychotischer Symptome (z.B. Wahn / Halluzinationen) bei Patienten aller Altersstufen während
    einer Behandlung mit Stimulanzien sollte das jeweilige
    Präparat abgesetzt und der Patient erneut ausführlich psychiatrisch untersucht werden.
    Wenn Krampfanfälle bei Patienten während der Behandlung mit Stimulanzien oder Atomoxetin neu auftreten oder
    ein bekanntes Krampfleiden sich verschlimmert, soll das
    eingesetzte Medikament sofort abgesetzt und das weitere
    Vorgehen mit einem Neuropädiater /Neurologen besprochen werden.
    Kommentar zur Empfehlung:
    Epilepsie stellt grundsätzlich kein Hindernis für eine Behandlung mit Stimulanzien oder Atomoxetin dar, da es
    keine Hinweise darauf gibt, dass diese die Krampfschwelle
    herabsetzen.
    Treten unter einer Behandlung mit Stimulanzien Tics auf,
    sollten die Behandler abwägen,
    • ob die Tics im Zusammenhang mit der medikamentösen
    Behandlung stehen oder die Symptomatik im Rahmen
    des natürlichen Verlaufs einer vorhandenen Ticstörung
    zunimmt bzw. abklingt;
    • ob die Beeinträchtigung durch die Tics gegenüber dem
    positiven Effekt der medikamentösen Behandlung der
    ADHS überwiegt. In einem solchen Fall soll, wenn die
    Tics im Zusammenhang mit der medikamentösen Behandlung stehen, eine Verminderung der Dosis bzw. ein
    Absetzen des Medikaments vorgenommen und ggfs. eine
    Behandlung mit Guanfacin oder Atomoxetin erfolgen.
    Bei Patienten mit bekannter Angstsymptomatik kann eine
    medikamentöse Behandlung mit Stimulanzien zu einer
    Verstärkung der Ängste beitragen. Sollte dies der Fall sein,
    kann eine Verminderung der Dosis des Medikamentes,
    oder die Umstellung auf Atomoxetin oder Guanfacin erwogen werden. Die zusätzliche Angstsymptomatik soll leitliniengerecht behandelt werden.
    Was ist im Hinblick auf Medikamenten-Adhärenz7 zu
    beachten?


    Mangelnde Adhärenz bei der Behandlung von ADHS sowohl im Kindes- und Jugend- als auch im Erwachsenenalter ist ein häufiges Phänomen. Nicht-Adhärenz kann mit
    einem Fortbestehen der ADHS-Symptomatik und daraus
    entstehenden Beeinträchtigungen einhergehen.
    Die Medikamenten-Adhärenz sollte regelmäßig überprüft
    werden.
    Dabei sollte im Auge behalten werden, dass die Nicht-Adhärenz ein Hinweis auf eine Ablehnung dieser Therapieform darstellen kann.
    Kommentar zur Empfehlung:
    Zur Überprüfung der Adhärenz sollte eine kritische Evaluierung der Motivation der Patienten zählen.
    Bei älteren Kindern und vor allem bei Jugendlichen ist zu
    bedenken, dass sie das Medikament wünschen können,
    um sich bestimmten psychischen Belastungen, die häufig
    mit hohen schulischen Anforderungen Hand in Hand gehen, zu entziehen. Hier besteht die Gefahr, dass bestimmte
    Entwicklungsschritte in der Erfahrung von Selbstwirksamkeit, der Entwicklung von Frustrationstoleranz und in der
    Überwindung von Schwierigkeiten, den Kindern und Jugendlichen erschwert werden.
    Im gemeinsamen Gespräch und anhand der Regelmäßigkeit, in der Verordnungen nachgefragt werden, sollte die
    Medikamenten-Adhärenz im Verlauf der Behandlung beurteilt werden.
    Wenn sich Hinweise für mangelnde Medikamenten-Adhärenz ergeben, sollten die Ursachen individuell herausgefunden und abgebaut werden. Im Rahmen der partizipativen Entscheidungsfindung sollten mögliche Lösungen
    entwickelt werden.
    Kommentar zur Empfehlung:
    Die in der Empfehlung angesprochene mangelnde Medikamenten-Adhärenz kann auch Ausdruck des Widerstands
    des Patienten gegen die medikamentöse Behandlung sein.
    Da es sich bei den Stimulanzien um hocheffektive Medikamente handelt, die in den Neurotransmitterstoffwechsel des Gehirns eingreifen und darüber das Selbsterleben
    verändern, ist einem möglichen Protest / Vorbehalt oder
    gar einer Ablehnung der Medikation mit Respekt vor dem
    Selbstbestimmungsrecht des Patienten zu begegnen. Besonders bei Kindern ist hier eine sorgfältige psychologische Evaluierung erforderlich, denn Kinder können sich
    aufgrund ihrer kognitiven8 und emotionalen Entwicklung
    hier nur schwer Gehör verschaffen.


    7 Adhärenz bedeutet, dass das Verhalten einer Person mit den mit dem
    Behandler vereinbarten Empfehlungen übereinstimmt, wie zum Beispiel
    bei der Medikamenten-Einnahme.


    Stationäre und teilstationäre Behandlung, Maßnahmen der Jugendhilfe und Reha
    Unter welchen Bedingungen sind stationäre und teilstationäre Behandlungen und Maßnahmen der Jugendhilfe und Reha bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden angezeigt?
    Die Diagnostik und Behandlung der ADHS im Kindesund Jugendalter sollte in der Regel ambulant durchgeführt
    werden. Eine stationäre oder teilstationäre Behandlung (in
    Kliniken, Jugendhilfeeinrichtungen oder in Rehabilitationseinrichtungen), wenn nötig mit Mitaufnahme / ggfs.
    Behandlung der Eltern, oder eine Behandlung im natürlichen Umfeld (home-treatment) kann nach nicht erfolgreicher ambulanter Therapie erwogen werden oder wenn eine
    erfolgreiche ambulante Therapie unwahrscheinlich ist.
    Letzteres kann beispielsweise der Fall sein
    • bei besonders schwer ausgeprägter ADHS-Symptomatik,
    • bei besonders schwer ausgeprägten zusätzlich bestehenden Störungen (einschließlich akuter Eigen- oder Fremdgefährdung),
    • bei sehr geringer Unterstützung in der Familie oder im
    Kindergarten bzw. in der Schule
    oder
    • bei besonders ungünstigen psychosozialen Bedingungen.
    Bei dauerhaft unzureichender Unterstützung in der Familie oder extrem ausgeprägter Symptomatik (einschließlich zusätzlich vorhandener Symptome), die sich durch
    ambulante bzw. kurzzeitige stationäre Behandlung nicht
    hinreichend vermindern lässt, können auch längerfristige
    ambulante, stationäre oder teilstationäre Maßnahmen der
    Jugendhilfe erwogen werden.
    Transition9
    Bei welchen Patienten und durch wen soll eine Transition
    zur Weiterbehandlung im Erwachsenenalter erfolgen?
    Patienten mit ADHS in der Transitionsphase soll eine Überweisung an qualifizierte weiterbehandelnde Ärzte / Psychotherapeuten angeboten werden, wenn weiterhin eine
    beeinträchtigende ADHS-Symptomatik und / oder andere
    zusätzliche behandlungsbedürftige Störungen bestehen.
    Kommentar zur Empfehlung:
    Zum Thema Transition gibt es ein gemeinsames Eckpunktepapier der Fachgesellschaften DGKJP und DGPPN. In
    8 Kognitiv - geistig
    9 Überleitung des jugendlichen Patienten in die Erwachsenenmedizin


    Anlehnung an die internationale Definition von Transition
    im Gesundheitsbereich verstehen beide Fachgesellschaften
    unter Transition „die gezielte Begleitung des Transitionsprozesses im Sinne einer Koordination der Anbieter und
    Sicherung der Versorgungskontinuität auf dem Weg von der
    jugendlichenzentrierten hin zur erwachsenenorientierten
    Versorgung“ (Eckpunktepapier einsehbar unter: http://
    http://www.dgkjp.de/stellungnahmenpositionspapiere/stellung
    nahmen-2016/396-uebergang-zwischen-jugend-und-er
    wachsenenalterherausforderungen-fuer-die-transitionspsy
    chiatrie).
    Wie sollte die Transition erfolgen?
    Wenn eine Fortführung der Behandlung notwendig ist,
    sollten ADHS-Patienten in der Transitionsphase erneut
    untersucht werden, um einen gleitenden Übergang zu ermöglichen und die weiterbehandelnden Ärzte / Psychotherapeuten umfassend über Vorgeschichte, Behandlungsverlauf und derzeitiges Krankheitsbild zu informieren.
    Während der Transition sollte eine Absprache der vor- und
    der weiterbehandelnden Ärzte/Psychotherapeuten ermöglicht werden. Der ADHS-Patient sollte in der Transitionsphase über die Versorgung im Erwachsenenbereich umfassend informiert werden.
    Welche Maßnahmen sollten bei den weiterbehandelnden Ärzten/Psychotherapeuten am Behandlungsbeginn erfolgen?
    Bei den weiterbehandelnden Ärzten/Psychotherapeuten
    sollte zunächst eine umfassende Untersuchung des Patienten mit ADHS erfolgen, die die Erfassung des ausbildungsbezogenen, beruflichen und sozialen Funktionsniveaus
    einschließt. Zusätzlich sollten gleichzeitig vorhandene Störungen abgeklärt werden, vor allem Persönlichkeitsstörungen, Substanzmissbrauch und Störungen der Emotionsregulation.
    Selbsthilfe
    Wie kann die Selbsthilfe in die Behandlung einbezogen
    werden?
    Fachleute, die Patienten mit ADHS betreuen, sollten die
    regionalen und überregionalen Selbsthilfegruppen zu
    ADHS kennen und Patienten und Angehörige über deren
    Angebote und Unterstützungsmöglichkeiten informieren.
    Für Betroffene kann der Besuch einer Selbsthilfegruppe
    bzw. einer Angehörigengruppe zusätzlich hilfreich sein.


    Anhang
    Adressen:
    ADHS-Deutschland e.V. : https://www.adhs-deutschland.de/
    Bundesgeschäftsstelle: Rapsstr. 61, 13629 Berlin
    Arbeitsgemeinschaft ADHS e.V.: https://www.ag-adhs.de/
    Postfach 500128; 22701 Hamburg
    info@ag-adhs.de
    Sekretariat: Frau Pirko Brüggmann
    Juvemus e.V. : http://www.juvemus.de
    Brückenstraße 25, 56220 Urmitz,
    info@juvemus.de
    Zentrales ADHS-Netz: https://www.zentrales-adhs-netz.de/
    Universitätsklinikum Köln, Pohligstr. 9; 50969 Köln
    zentrales-adhs-netz@uk-koeln.de
    Mögliche Änderungen bei Medikamenten
    (Zulassung, Substanzen) seit Drucklegung (Herbst 2017) der
    Leitlinie ADHS im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter
    Siehe S. 69
    Diese Aussagen stimmen überwiegend ebenfalls für Generika (*Methylphenidat), die Zulassung muss jedoch im Einzelfall überprüft werden.
    Unretardiert: Methylpheni TAD, Methylphenidat AL, Methylphenidat
    Hexal, Methylphenidat Ratio, Methylphenidat 1A Pharma, u.a.
    Retardiert: Methylphenidat HCL, Methylphenidat HCL HX (enthält
    Lactose, Weiterbehandlung bei Erwachsenen nicht erwähnt), Methylphenidat HCL NX (Weiterbehandlung bei Erwachsenen nicht erwähnt),
    Methylphenidat HCL 1A, Methylphenidat HCL ratio, u.a.
    Nicht-Stimulanzien (*Atomoxetin): Atomoxetin neuraxpharm, Atomoxetin AL, Atomoxetin ratio, Atomoxetin Heumann, u.a.
    Ergänzung zur Einnahme von Medikamenten (laut Fachinformationen)
    Guanfacin darf nicht zusammen mit Grapefruitsaft eingenommen
    werden.
    Ob die gleichzeitige Einnahme mit Valproat sinnvoll und sicher ist, sollte
    vorher mit dem Arzt abgesprochen werden.
    Einnahme während der Schwangerschaft:
    Methylphenidat, Atomoxetin, Guanfacin: nur wenn der mögliche
    Nutzen das mögliche Risiko für den Feten rechtfertigt, d.h. wenn eine
    Verschiebung oder Beendigung der Behandlung ein größeres Risiko für
    die Schwangerschaft bedeutet.
    Dexamfetamin: Während der Schwangerschaft, insbesondere während des ersten Trimesters ist Dexamfetamin kontraindiziert. Frauen
    im gebärfähigen Alter müssen wirksame kontrazeptive Maßnahmen
    anwenden.
    Einnahme während des Stillens:
    Methylphenidat, Atomoxetin, Guanfacin: Ein Risiko für das gestillte
    Kind kann nicht ausgeschlossen werden. Nur wenn der mögliche Nutzen
    das mögliche Risiko für den Säugling rechtfertigt. Dabei ist sowohl der
    Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die
    Mutter zu berücksichtigen.
    Dexamfetamin: Dexamfetamin tritt in die Muttermilch über. Ein Risiko
    für den Säugling kann nicht ausgeschlossen werden. Falls die Fortführung der Therapie aus medizinischer Sicht erforderlich ist, muss
    abgestillt werden.
    Elvanse: darf während der Stillzeit nicht angewendet werden.
    Ältere Patienten (der Begriff „ältere Menschen“ ist nicht eindeutig
    definiert)
    Methylphenidat: darf nicht bei älteren Patienten angewendet werden.
    Unbedenklichkeit und Wirksamkeit von Methylphenidat in dieser
    Altersgruppe wurden nicht nachgewiesen.
    Atomoxetin: wurde bei Patienten über 65 Jahren nicht systematisch
    untersucht. Guanfacin, Dexamfetamin: Die Sicherheit und Wirksamkeit
    ist bei Erwachsenen und älteren Personen mit ADHS ist nicht erwiesen.
    Daher sollte Guanfacin und Dexamfetamin bei dieser Patientengruppe
    nicht angewendet werden.


    Anwendung während einer Operation mit halogenierten Narkotika:
    Methylphenidat, Dexamfetamin: es besteht das Risiko einer plötzlichen Erhöhung des Blutdrucks. Wenn eine Operation geplant ist, sollte
    Methylphenidat/Dexamfetamin nicht am Tag der Operation angewendet werden (laut Fachinformation).
    Allerdings kann nach Absprache mit dem Anästhesisten (eventuell andere Narkoseform) die Einnahme von MPH">MPH am Operationstag von Vorteil
    sein für den postoperativen Verlauf.
    Drogenscreening
    Alle methylphenidathaltigen Arzneimittel können zu einem positiven
    Laborwert (z.B. Drogenscreening, Dopingkontrolle) für Amphetamine
    führen, insbesondere bei Verwendung von Immunoassay-Methoden.
    Zulassungsstatus von Arzneimitteln in der
    Behandlung der ADHS bei Kindern,
    Jugendlichen und Erwachsenen (Stand Januar 2020)
    Psychostimulanz: Methylphenidat - nicht retardiertes MPH">MPH
    Equasym® 10 mg, Medikinet® 5-10-20 mg,
    *MPH-…® 10 mg, Ritalin® 10 mg Tbl.
    im Alter 6 - 17 Jahre
    Psychostimulanz: Methylphenidat - retardiertes MPH">MPH
    Concerta® 18, 27, 36, 54 mg Kps. ab Alter 6 Jahre
    Equasym® ret. 10-20-30 mg Kps. im Alter 6 - 17 Jahre
    Kinecteen® 18, 27, 36, 54 mg Tbl. ab Alter 6 Jahre
    ab Alter 18 Jahre, nur wenn
    erfolgreich vorbehandelt
    Medikinet® ret. 5-10-20-30-40-50-60 mg Kps. im Alter 6 - 17 Jahre
    Medikinet® adult 5-10-20-30-40-50-60 mg Kps. ab Alter 18 Jahre
    *Methylphenidat …® Ret., 18, 27, 36, 54 mg Kps. ab Alter 6 Jahre
    ab Alter 18 Jahre, nur
    wenn erfolgreich
    vorbehandelt
    Ritalin® LA 10-20-30-40-60 mg Kps. im Alter 6 - 17 Jahre
    Ritalin adult® 10-20-30-40-60 mg Kps. ab Alter 18 Jahre
    Psychostimulanz: D-Amfetaminhemisulfat
    Attentin® 5-10-20 mg Tbl. im Alter 6 - 17 Jahre,
    „second line“ Mittel
    Amfetaminhemisulfat-Saft 0,2% (m/V) (NRF 22.4.)
    1 ml = 2 mg DL-Amfetaminsulfat
    ab dem Alter von
    3 Jahren bis 17 Jahre
    Psychostimulanz: Lisdexamfetamin
    Elvanse® 20-30-40-50-60-70 mg Kps. im Alter 6 - 17 Jahre
    „second line“ Mittel
    Elvanse® Adult 30-50-70 mg Kps. ab Alter von 18 Jahre
    Nicht-Stimulanz: Atomoxetin
    Strattera® , Agakalin®, * Atomoxetin …®
    10-18-25-40-60-80-100 mg Kps./Filmtbl.
    ab Alter von 6 Jahren
    und Erwachsene
    Nicht-Stimulanz: Guanfacin
    Intuniv® 1-2-3-4 mg
    Ret.Tbl.
    im Alter 6 - 17 Jahre
    „second line“ Mittel

    • Offizieller Beitrag

    Anpassung der oben genannten Leitlinie für Patienten, Angehörige und Interessierte

    Dr. Klaus-Peter Grosse, Dr. Klaus Skrodzki unter Berücksichtigung der Korrekturvorschläge von ADHS Deutschland e. V., Dr. Sabina Millenet, Prof. Wolfgang Retz, Dr. Ulrich Kohns und Dr. Kirsten Stollhoff


    Grundlage dieser Leitlinie für Patienten ist die S3-Leitlinie „Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) im Kindes-, Jugend- und Erwachsenenalter“.

    S3 bedeutet, dass die Leitlinie nach den höchsten Ansprüchen erstellt wurde, die in Deutschland gelten. Neben allgemeinen Informationen über das Krankheitsbild ADHS enthält diese Leitlinie Handlungsempfehlungen für Ärzte, Psychotherapeuten und andere Berufsgruppen, die Patienten mit ADHS betreuen. Da sie für Fachleute geschrieben wurde, ist sie nicht für jeden verständlich. In der vorliegenden Leitlinie für Patienten übersetzen wir die Empfehlungen in eine allgemein verständliche Sprache. Dabei orientiert sich die Patientenleitlinie eng an der Leitlinie für Fachleute, gibt diese aber nicht in voller Ausführlichkeit und im Original-Wortlaut wieder.


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Schon gewusst…?

Normalität ist der Wahnsinn der Masse. (Fredrik Nerbrand)